Ist Pornos gucken okay? Die ultimative Pro und Contra Liste
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Die Antwort auf die Frage: "Ist Porno gucken okay?" ist kompliziert. Pornos sind nur einen Klick entfernt. Viele nutzen Pornos solo oder als Paar. Die Pro und Contra Liste für bzw. gegen Pornografie ist lang. Denn die filmische Darstellung expliziter sexueller Inhalte mit dem Ziel der sexuellen Erregung de*r Konsument*in sind oft umstritten und es kommt immer wieder zu Kontroversen.
Da geht es um Fragen wie: "Machen Pornos süchtig?", "Sind Pornos schädlich, insbesondere für die jüngere Zielgruppe?" oder "Wie kann ein gesunder Umgang mit Pornos aussehen?" Dieser Artikel beantwortet endlich ausführlich die wichtigsten Vorteile und Nachteile von Pornografie, und gibt konkrete Tipps, wie du deinen Pornokonsum mit gutem Gewissen genießen kannst.
Pornografie: Was ist das eigentlich?
Wer jetzt denkt: “Schnarch! Wir wissen alle, was Pornos sind!” bitte ich um Nachsicht. Wenn ein Thema so aufgeladen ist, hilft es manchmal, sich auf die Basics zurück zu besinnen, also auf das, worum es primär geht.
Hand aufs Herz (oder doch in die Hose?) - wer von euch hat schon mal Pornos geguckt oder konsumiert diese regelmäßig? Vermutlich die meisten. Wie ihr dann sicherlich wisst, zeichnen Pornos sich dadurch aus, dass sie nicht all zu viel Handlung haben oder Dialoge, denn es soll ja zur Sache gehen. Und es werden Fantasien abgebildet und das ist etwas, woran wir uns erinnern sollten. Es soll kein realer Sex abgebildet werden, sondern Fantasien und Wünsche inszeniert werden.
Das hört sich erst einmal gar nicht schlecht an, wenn man eine “sexpositive” Einstellung hat, also wenn im Sexleben erlaubt ist, was gefällt und womit alle einverstanden sind. Aus dieser Perspektive wären Pornos dann rein negativ behaftet aufgrund von einer verklemmten, puritanischen Gesellschaft und es braucht nur die sexuelle Befreiung, aber ganz so einfach ist es dann eben doch nicht. Fangen wir also an mit unserer Pro, Contra Liste:
Contra: Was spricht dagegen Pornos zu gucken?
In Pornos werden Fantasien abgebildet, aber die Frage ist doch wessen Fantasien sind das eigentlich? Und die Antwort ist leider: oft die von Männern. Aber das geht noch genauer, nämlich von heterosexuellen, weißen Männern. Zugegebenermaßen sind Männer auch die häufigsten Porno-Konsumenten, aber das ist wieder so eine Henne/ Ei-Geschichte:
- Bilden Pornos die Fantasien von Männern ab, weil sie die häufigsten Konsumenten sind?
- Oder konsumieren mehr Männer Pornos, weil ihre Fantasien in ihnen abgebildet werden?
Die Antwort ist wie so oft vielschichtig, diese Liste bringt Klarheit in die oft komplizierte Diskussion. Hier beginnt die Liste der Contra Argumente zu Porno.
1. Objektivierung von Frauen in Pornos
Das erste Contra Argument gegen Porno betrifft die Objektivierung von Frauen in erotischen Filmen. Pornos sind ein wunderbarer Spiegel unserer Gesellschaft, denn wir sind so fantasielos, dass wir auch die Machtverhältnisse in ihnen abbilden, wie wir sie im realen Leben vorfinden. Unsere Fantasie kennt also wohl doch Grenzen. Und hier wird es dann oft problematisch, denn Frauen werden in Pornos meist als willenlose aber willige Sexobjekte portraitiert und damit objektiviert. Und weil Frauen in Pornos eben meist nur Objekte zur Befriedigung männlicher Lust sind, sind ihre Wünsche und ihre Lust nicht ausschlaggebend.
Als ob das nicht genug wäre, wird auch oftmals Gewalt an ihnen ausgeübt und sie werden oft erniedrigt und gedemütigt. Und das erklärt wohl auch, warum Frauen nicht so viele Pornos gucken wie Männer. Denn es ist nun mal nicht besonders erregend für eine Frau, wenn die Frau im Porno beschimpft und erniedrigt wird, ich weiß, Frauen sind eigenartig… Aber wieso finden eigentlich so viele Männer Gefallen daran? Und geht es nicht auch ohne? Ein wunderbar introspektiver Artikel von einem Mann, der dieses Dilemma anhand seiner eigenen Biografie beschreibt, gibt es hier.
Die Objektivierung gilt übrigens nicht nur Frauen, sondern auch anderen Menschen, die meist nur als Fetisch in Pornos vorkommen. Ethnien, Körpertypen, Gender, Sexualitäten werden zu einer Kategorie: “Asian”, “Black”, “Latina”, “Transsexuell”, “BDSM”. Wo also Repräsentation wichtig wäre, findet nur Fetischisierung statt. Auch sie spielen nur eine passive Rolle und werden den Fetischen und Fantasien unterworfen.
2. Porno als Basis für Sexualerziehung
Das zweite Contra Argument zu Porno betrifft die Sexualerziehung. Denn problematisch wird es, wenn Pornos als Sexualerziehung verstanden und in der Realität umgesetzt wird, vor allem für Frauen. Denn dann werden diese frauenfeindlichen Szenarien an und mit realen Frauen ausgeübt, meist ohne ihr Einverständnis. Und Frauen (vor allem junge Frauen) denken, dass sie diese Dienste auch leisten und gut finden müssten. Das ist einer der größten Kritikpunkte, zum Beispiel eben auch von Menschen, die Pornos komplett abschaffen möchten.
Wann beginnt der Pornokonsum?
Der Pornokonsum beginnt bereits früh: ungefähr die Hälfte der 11-16-jährigen haben mindestens einmal Online-Pornografie gesehen, die meisten davon vor 14. Sie müssen dafür gar nicht aktiv nach Pornos suchen, sondern bekommen Pop-up-Werbung, wenn sie nach Beziehungen, medizinischen Informationen oder nach Themen rund um sexuelle Gesundheit suchen. Männliche Jugendliche erleben das Gesehene meist deutlich positiver als weibliche Jugendliche, die meist negative Gefühle, wie Schock angeben. Negative Gefühle nehmen aber ab, je öfter Pornos geguckt werden.
Wie wirken sich Pornos auf Jugendliche aus?
Wie Pornos sich genau auf Jugendliche auswirken, bzw. wie sie unsere Sexualität prägen und geprägt haben ist, trotz vieler Studien, nicht ganz geklärt. Das liegt an der Komplexität der Zusammenhänge. Einige negative Effekte sind jedoch erwiesen: sie führen zu Erwartungen (was Männer mögen müssen und Frauen zu mögen haben), die zu Ängsten, vor allem bei jungen Frauen führen können. Werden diese Erwartungen im realen Leben enttäuscht, ist also die Lücke zwischen dem im Porno Gesehenen und das im wahren Leben Erlebten zu groß, kann es zu sexueller Frustration kommen.
Warum sind Pornos eigentlich Teil der Sexualerziehung?
Wieso lernen wir aus Pornos, wie Sex funktioniert, was man alles tun kann? Dass das problematisch ist, ist klar, aber liegt da das Problem bei den Pornos? Eigentlich nicht, denn kein Porno erhebt den Anspruch, Sexualerziehung zu leisten. Pornos füllen eher ein Vakuum bei Jugendlichen, für das eigentlich die Erwachsenen, die Eltern, Erziehungsberechtigten, Lehrer*innen - verantwortlich sind. Nur nehmen diese ihre Verantwortung nicht voll wahr.
Es ist aber an ihnen, über Sex, Einvernehmen, Grenzen, Gewalt und auch Lust zu sprechen. Diese Verantwortung kann und sollte nicht an Pornos abgetreten werden. Dann hat die Beschwerde keinen Bestand, dass Jugendliche mit Pornos ihre Wissenslücken füllen, ihre Fragen beantwortet bekommen und dabei aber nicht das mitnehmen, was ihnen für eine erfüllte Sexualität wirklich einen Mehrwert bringen würde.
Von Erfahrungen mit Männern, die diese spezielle Form von Sexualerziehung genossen haben, berichtet Cindy Gallop in ihrem amüsanten Ted Talk und ruft dazu auf: “Make love not porn.” Und viele sind bereits ihrem Aufruf gefolgt. Die realen Filme die dort hochgeladen werden, sollen im Kontrast zur Inszenierung in Pornos stehen und die sexuelle Vielfalt feiern. Auch die sexpositive Plattform lustery bietet realen Porno an, der von echten Paaren gefilmt wurde.
3. Fehlen von Einvernehmlichkeit in Pornos
Das nächste Contra Argument zu Pornografie dreht sich um das Fehlen von Einvernnehmlichkeit beim Sex in Pornos: Konkret heißt das, dass Verhütung z.B. durch Kondome oder Einwilligung - consent - in Pornos nicht dargestellt werden.
Gleichzeitig beeinflusst das Schauen von Pornos aber die Bandbreite an sexuellen Praktiken, vor allem solcher, die vermehrt dargestellt werden:
- Ejakulation ins Gesicht der Partner*in
- Analsex
- Deepthroating beim Oralsex
Diese Darstellung, in denen Handlungen einfach durchgeführt werden, und Frauen als willenlose Objekte klassifiziert werden führt dazu, dass solche Praktiken dann oft ohne Einvernehmen auch im realen Leben durchgeführt werden.
4. Porno kann abhängig machen
Pornosucht ist eine weitere Gefahr, die mit Pornokonsum einhergehen kann. In dem Fall einer Abhängigkeit werden Pornos auch dazu verwendet mit negativen Gefühlen oder Phasen im Leben umzugehen und sich kurzfristige Erleichterung zu verschaffen. Die Konsequenzen sind für die Betroffenen nur mit großer Willenskraft wieder rückgängig zu machen und erfordern eine achtsame, langsame Beschäftigung mit der eigenen Sexualität.
5. Unrealistisches Körperbild in Pornos
Ein weiteres Contra Argument zu Pornografie betrifft das Körperbild, das in den erotischen Filmen mit explizit sexueller Handlung dargestellt wird. Pornos stellen ein unrealistisches Körperbild dar, und beeinflussen insbesondere bei Jugendlichen das Körperbild negativ. Denn die meisten können wahrscheinlich nicht mit den vollbusigen Frauen oder den permanent erigierten Männern mithalten.
6. Pornos beeinflussen Genderstereotype
Vor allem beeinflussen Pornos aber auch Genderstereotype. Männer haben eine aktive Sexualität, können sich nicht kontrollieren, üben eine dominante Rolle aus und schauen halt Pornos, ist doch normal! Frauen hingegen sind passiv, weil sie anscheinend keine eigene Sexualität haben, sagen “nein”, wenn sie eigentlich “ja” meinen und sind Objekte der Begierde, die mit Männern spielen. Und hier wird es gefährlich: denn diese Genderstereotype verfestigen sich vor allem bei jungen Männern und führen auch dazu, dass Gewalt gegen Frauen normalisiert wird und dadurch auch akzeptiert.
Aber diese verzerrte Wahrnehmung der Genderstereotype trägt auch aktiv zu Gewalt an Frauen bei: Pornokonsum ist bei männlichen Studenten mit sexueller Belästigung und sexueller Nötigung assoziiert. Und Männer, die Hardcore Pornos gucken haben auch eine höhere Wahrscheinlichkeit sexuell gewalttätig zu sein. Eine Verbindung zwischen Pornokonsum und sexueller Gewalt gegenüber Frauen gibt es also durchaus und ist kein Mythos überbesorgter Eltern.
7. Schlechte Bezahlung in der Pornoindustrie
Die Pornoindustrie ist, mit Umsätzen in Milliardenhöhe, ein sehr lukratives Geschäft. Leider bedeutet dies aber nicht, dass die Darsteller*innen fair bezahlt werden. Auch nicht, dass die Arbeitsbedingungen gut sind. Das beinhaltet auch Dinge ablehnen zu können, die man nicht machen möchte, regelmäßige Pausen, Einvernehmen, was die Drehpartner*innen oder das Skript angeht, Sex ohne Kondom, dafür mit Geschlechtskrankheiten. Zudem geben viele Pornodarsteller*innen an, dass nach immer extremeren Darstellungen verlangt wird und was die Kund*innen wünschen, wird geliefert.
Bei professionellen Pornodarsteller*innen sind die Bedingungen noch vergleichsweise “besser” als bei Amateurdarsteller*innen, wie die empfehlenswerte, aber deprimierende Netflix-Doku “Hot Girls Wanted” zeigt. Aber als Sex Arbeiter*in hat man generell einen prekären Status, auch rechtlich gesehen.
Hinzu kommt das soziale Stigma, sehr gut daran zu sehen, wie mit Missbauchsfällen in der Pornoindustrie umgegangen wird. Selbst das ist aber noch der beste Fall, denn viele Videos bei kostenlosen Anbietern, wie zum Beispiel Pornhub, werden gänzlich gegen den Willen der Darsteller*innen gedreht und/oder hochgeladen. Auch scheint es nicht wichtig zu sein, dass es sich teilweise um Minderjährige oder Opfer von Menschenhandel handelt. Kontrolliert wird das kaum, weder von den Websites, noch achten die Kund*innen darauf.
Pro Porno: Was spricht dafür, Pornos zu gucken?
Nach dieser doch recht langen Liste an Contra Argumenten gegen Pornografie schauen wir uns doch als nächstes einmal Argumente an, die für einen verantwortungsvollen Pornokonsum sprechen - die gibt es nämlich auch! Fangen wir also gleich an:
1. Pornos erweitern den sexuellen Horizont
Pornos sind, wie wir schon gesehen haben, eine Informationsquelle und damit oft Teil unserer Sexualerziehung. Das kann auch Vorteile haben: wir sehen sexuelle Praktiken, die wir vielleicht vorher nicht gekannt haben, aber vielleicht gerne ausprobieren möchten, z.B. Bondage oder Anal (dazu liefern wir die passende Ausrüstung, einfach auf die Links klicken). Das kann den sexuellen Horizont erweitern und auch Inspiration für das eigene Sexleben geben. Zumindest aber die Fantasie ordentlich ankurbeln.
2. Pornos für alle sexuellen Identitäten
LQBTQ+-Jugendliche finden sich oft in Pornos wieder - und eben auch leider oft das erste Mal. Denn der Sexualkundeunterricht in der Schule liefert für sie meistens keine Informationen zu ihrer sexuellen Orientierung. Dieses Potential der Repräsentation unterschiedlicher sexueller Identitäten in Pornos, ist durchaus bei der Pornografie vorhanden und als positiv zu werten. Das Potential, das eigene sexuelle Wesen oder das Gefühl, Subjekt der Begierde zu sein, zu entdecken, ist enorm. Das Problem hierbei ist die Dominanz der heterosexuellen, männlichen, weißen Perspektive in Mainstream Pornos, was durch diversere Filme abgeschwächt werden könnte.
3. Pornoindustrie entdeckt die weibliche Lust
Die Pornoindustrie hat Frauen mittlerweile als Markt entdeckt, denn diese haben heute mehr finanzielle Mittel, die sie auch gerne in ihre sexuelle Lust investieren. Dadurch gibt es auch mehr Porno-Seiten, die sich speziell an Frauen richten und wo von Frauen, für Frauen mit Frauen produziert wird. Dabei sollen speziell weibliche Fantasien umgesetzt werden.
Beispiele hierfür sind die Filme von Erika Lust. Sie macht seit 2005 erotische Indie Filme, bei denen die weibliche Lust im Vordergrund steht und die ethische Produktion. Das Portal Bellesa ist von Frauen produziert und betont vor allem, die Realitätsnähe mit ihrem Motto “no fake orgasms” und ist sich seiner sozialen Verantwortung bewusst. Die Plattform Cheex produziert Filme und Podcasts und gibt auch Workshops. Bei der Plattform Lustery reichen "echte" Paare ihre Videos ein - hier ist Consent und Authentizität Programm. Diese echten Alternativen zum Mainstream Pornos stellen gezielt die weibliche Lust in den Mittelpunkt und ziehen eine wachsende Fan-Base an.
4. Ethische Pornos im Kommen
Ziel dieser neuen Bewegung ist es, alle Geschlechter anzusprechen und die Inhalte fair und einvernehmlich zu produzieren. So entstehen nicht nur Pornos, die auch für Frauen ansprechend sind, sondern auch sogenannte “ethische Pornos” - Pornos, die unter fairen Bedingungen, mit Consent und fairer Bezahlung produziert werden. Und das kostet natürlich.
Leider ist es bei ethischen Pornos aber oft wie bei Biofleisch: jeder weiß, dass es besser ist, aber nicht alle sind bereit dafür zu zahlen. Damit wird der Pornokonsum eben auch politisch, denn es macht durchaus einen Unterschied, wofür wir uns entscheiden.
Fazit der Pro und Contra Liste zu Porno
Wenn wir uns die Liste der Pro und Contra Argumente zu Pornografie ansehen, könnte man es so zusammenfassen: Es gibt genug gute Gründe, die dagegen sprechen Mainstream Pornos zu gucken. Denn immer noch offen bleiben die Fragen, warum Gewalt an Frauen so zentral für die männliche Lust zu sein scheint und warum wir es in unserer sexualisierten Gesellschaft nicht schaffen, unsere Jugendlichen ordentlich aufzuklären und diese Aufgabe Pornos überlassen. Allerdings dreht sich auch vieles in der Industrie zum guten und daher unsere konkrete Empfehlung, um mich gutem Gewissen Porno zu schauen: Wer nicht gänzlich auf Pornos verzichten möchte, kann zu ethischen, fair produzierten Pornos greifen, wo die Frau als Subjekt durchaus einen eigenen Willen und eine eigene Lust hat. Und diese im Film auch auslebt!