Libidoverlust: So verbesserst du deine Libido
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Im Alltag können alle möglichen Faktoren die Libido verringern oder die Lust auf Sex sogar ganz verschwinden lassen. Mit diesen Tipps von Sexualpädagogin Claudia und Psychologin Amelie wirkst du dem Libidoverlust entgegen und verbesserst deine Libido.
Die Libido verändert sich ständig
Lust auf Sex ist kein angeborenes oder stabiles Persönlichkeitsmerkmal. Das wissen alle, deren sexuelles Begehren sich verändert, wenn sie z.B. etwas Alkohol getrunken haben, sehr gestresst sind oder mit einem äußerst attraktiven Menschen flirten. Es gibt also nicht einfach Menschen mit hohem oder niedrigem Sex-Drive.
Stattdessen gibt es eine riesige Bandbreite an Dingen, die einen Einfluss auf unser Begehren haben können:
- Reize aus der Umwelt
- bestimmte soziale Situationen
- gewisses Verhalten
- die eigene Befindlichkeit und
- bestimmte Gedanken...
Das kommt daher, dass unsere Sexualität mit allen Bereichen unseres Lebens verlinkt ist und so theoretisch auch all das unser Verlangen nach mehr oder weniger Sex beeinflussen kann.
Welche Faktoren hemmen oder beschleunigen meine Libido?
Unterschiedliche Menschen haben nicht grundsätzlich mehr oder weniger sexuelles Begehren. Aber: Es wird bei jeder von uns ganz individuell und ganz unterschiedlich angeregt und gehemmt: von Lust-Beschleunigern und Lust-Bremsen.
Wir alle haben unser eigenes, persönliches Set an Lust-Beschleunigern, die unsere Lust hochfahren und das Verlangen nach Sex erhöhen.
Manche Reize haben schon in kleiner Menge eine große Wirkung auf uns, während wir von anderen eine ordentliche Portion brauchen, um eine Veränderung unserer Lust wahrzunehmen.
Woran liegt es, wenn ich sehr wenig Lust habe?
Neben Lust-Beschleunigern gibt es auch Lust-Bremsen, die unsere Lust herunterregulieren. Das können zum Beispiel Stress, gesundheitliche Probleme, Sorgen, Alkohol, Diäten und viele weitere Dinge sein. Wenn du wenig Lust auf Sex hast, reagieren dein Körper und dein Gehirn besonders empfindlich auf Lust-Bremsen. Selbst wenn nur eine davon präsent ist, kommst du schwerer in Fahrt. Vielleicht brauchst du gleichzeitig auch mehr Lust-Beschleuniger, um erregt zu werden.
Kann ich meine Lust-Beschleuniger und Lust-Bremsen verändern?
Du hast deine Lust-Beschleuniger und Lust-Bremsen entlang deiner sexuellen Lerngeschichte entwickelt und sie mittlerweile zu dir wie zum Beispiel deine Gesten. Beeinflussen kannst du sie daher nur sehr eingeschränkt.
Trotzdem kann es natürlich sein, dass du gerne etwas mehr Lust auf Sex verspüren würdest.
Dann haben wir heute 7 Tipps für dich, wie du deine Libido verbesserst:
Tipp 1: Erkunde deine Lust-Bremsen
Vielen von uns fällt es schwer, die eigenen Lust-Faktoren konkret zu benennen. Dann hilft manchmal eine kleine Übung.
Erinnere dich an eine eher negative sexuelle Erfahrung in der Vergangenheit. Sie muss nicht unbedingt schrecklich sein, nur eben nicht so toll. Schreibe so detailliert wie nur möglich auf, woran du dich erinnerst.
Vielleicht helfen dir die folgenden Fragen dabei herauszuarbeiten, warum sie für Dich nicht erfüllend war:
- Wie war das Setting? Fand die Begegnung in eher privatem oder öffentlichem Raum, im Alltag oder außerhalb dessen statt?
- Wie waren die Lebensumstände? War es z.B. eine besonders stressige Zeit?
- Wie ging es dir? War z.B. deine körperliche Gesundheit eingeschränkt, dein Körperbild oder deine Stimmungslage? Warst du besorgt, abgelenkt oder hast du dir Sorgen über deine sexuelle Performance gemacht?
- Wie ging es dir mit deinem Partner oder deiner Partnerin? Gefiel dir ihr/sein körperliches Erscheinungsbild, sein/ihr Geruch nicht oder lag es an ihrem/seinem Verhalten?
- Wie war eure Beziehung? Herrschte Vertrauen und/oder eine emotionale Bindung? Gab es eine bestimmte Macht-Dynamik? Fühltest du dich begehrt?
- Was habt ihr miteinander getan? Welche sexuellen Praktiken habt ihr angewendet? Welche Körperteile wurden so berührt oder nicht berührt?
- Was ist vor eurer sexuellen Begegnung und was danach passiert?
Tipp 2: Erkunde deine Lust-Beschleuniger
Denke jetzt an eine richtig gute sexuelle Begegnung in der Vergangenheit. Versuche dich an möglichst viele Details zu erinnern und sie aufzuschreiben. Gehe nun folgende Fragen durch, um herauszufinden, welche Faktoren die Erfahrung zu einer lustvollen gemacht haben:
- Wie war das Setting? Fand die Begegnung in eher privatem oder öffentlichem Raum, im Alltag oder außerhalb dessen statt?
- Wie waren die Lebensumstände? War es z.B. eine besonders entspannte Zeit?
- Wie ging es dir? Warst du z.B. glücklich, verliebt, gesund, besonders entspannt? Wie hast du dich gefühlt? Hast du dich sicher gefühlt?
- Wie ging es dir mit deinem Partner oder deiner Partnerin? Gefiel dir ihr/sein körperliches Erscheinungsbild, sein/ihr Geruch? Wie hat er/sie sich verhalten?
- Wie war eure Beziehung? Hattet ihr eine emotionale Bindung? Gab es eine bestimmte Machtdynamik? Fühltest du dich begehrt?
- Was habt ihr miteinander getan?
- Welche sexuellen Praktiken habt ihr angewendet? Welche Körperteile wurden so berührt oder nicht berührt?
- Was ist vor eurer sexuellen Begegnung und was danach passiert?
Lese jetzt Deine Notizen sorgfältig durch. Fallen dir Umgebungen, Situationen oder Bedingungen auf, die du brauchst, um Sex als lustvoll bzw. nicht so lustvoll erleben zu können? Notiere auch diese.
Schaffe lustfördernde Bedingungen, Nun kannst du all deine Erkenntnisse dazu nutzen, deine ganz persönlichen lustfördernden Bedingungen herzustellen. Frage dich:
- Was kann ich ganz konkret tun, damit mich möglichst viele meiner Lust-Beschleuniger umgeben?
- Was kann ich tun, damit mich möglichst wenige meiner Lust-Bremsen umgeben? Für kinderfreie Abende sorgen? Langeweile aufkommen lassen? Einen Urlaub buchen?
Für dich hat diese Übung nicht so gut funktioniert? Dann hilft es dir vielleicht mehr, während sexueller Begegnungen mit dir selbst oder anderen ab jetzt bewusst zu beobachten, was dich so richtig in Fahrt bringt und was dein Begehren eher hemmt.
Entweder machst du das still und leise, wenn immer du in einer solchen Situation landest. Oder du probierst ganz bewusst verschiedene Dinge aus und merkst dabei, was dir gefällt und was nicht.
Tipp 3: Erkunde deinen sexpositiven Kontext
Emily Nagoski unterscheidet in ihrem Buch „Komm wie du willst“ zwischen spontanem Verlangen und responsivem Verlangen. Spontanes Verlangen tritt einfach auf, wenn du beispielsweise eine sexy Person siehst oder einen erotischen Gedanken hast. Dieses spontane Verlangen tritt bei Männern häufiger auf als bei Frauen. Bei einem responsiven Verlangen, willst du erst Sex, wenn schon sexy Dinge passieren. Das heißt, du bist schon im Tun und es kommt dabei das Verlangen. Keines von beiden ist besser oder schlechter. Beide Arten des Verlangens haben ihre Vor- und Nachteile.
Wir fühlen ein Verlangen, wenn Erregung auf einen passenden Kontext trifft. Dieser passende Kontext sieht für jeden Menschen anders aus. Für viele Menschen kann es ein entspanntes Umfeld sein oder Zeit zu haben für die Sexualität. Wie sieht ein sexpositiver Kontext für dich aus?
Tipp 4: Beobachte deinen Zyklus und dein sexuelles Verlangen
Manche Frauen spüren zur Zeit des Eisprungs ein stärkeres sexuelles Verlangen. Bei anderen kommt ein sexuelles Begehren vor allem in der Zeit der Periode. Bei wieder anderen können hormonelle Verhütungsmittel dafür sorgen, dass ihre Libido schwächer wird. Beobachte deinen Zyklus und versuche ein Gefühl dafür zu bekommen, welche Faktoren deine Libido beeinflussen.
Tipp 5: Verbinde dich mit deinem Körper
Kennst du das Gefühl, des sexuellen Verlangens? Wann hast du es zuletzt gespürt? Wie fühlt es sich für dich an? Wo hast du es in deinem Körper gespürt? Wie hat sich dabei deine Vulva und deine Vagina angefühlt?
Im Alltag sind wir viel im Kopf unterwegs und vergessen oftmals unserem Körper Beachtung zu schenken. Sexuelles Verlangen drückt sich oftmals durch unseren Körper aus. Deswegen dürfen wir wieder lernen unseren Körper stärker wahrzunehmen. Dies gelingt am besten dadurch, indem wir uns täglich einige Minuten Zeit nehmen und bewusst in unseren Körper hineinspüren. Schließe deine Augen und nimm einige tiefe Atemzüge, danach spüre bewusst deinen Körper. Du kannst jedem Körperteil, einige Sekunden deine Aufmerksamkeit schenken. Vor allem deine Vulva und Vagina darfst du bewusst wahrnehmen.
Tipp 6: Sexuelle Fantasien und Verlangen
Bei einem Verlangen haben wir auch oftmals Fantasien im Kopf, welche wir meist als lustvoll und spannend erleben. Jedoch können Fantasien auch unangenehme Gefühle auslösen. Beispielsweise wenn diese Fantasien in unserer Wahrnehmung „falsch“ oder „erniedrigend“ sind.
Fühlst du dich wohl mit deinen sexuellen Fantasien? Wenn du dich unwohl fühlst mit deinen Fantasien, kann dir eine Sexualberatung oder eine Sexualtherapie helfen.
Dein sexuelles Verlangen wird auch von deinen Fantasien beeinflusst. Wenn du dir deine sexuellen Fantasien nicht zugestehst, kann auch dein Verlangen darunter leiden.
Wir können Fantasien auch bewusst dazu nutzen, um unser Begehren zu aktivieren. Beispielsweise kann ein Tagtraum ein Verlangen nach Sexualität auslösen.
Tipp 7: Neugierde wieder entdecken
Der erste Schritt, um dein sexuelles Verlangen (wieder) zu entwickeln, ist es, neugierig zu sein. Auch wenn du denkst, du kennst dich und deinen*deine Partner*in sexuell schon in- und auswendig, gibt es immer etwas Neues zu entdecken. Wenn wir in der Sexualität achtsamer sind, fallen uns oftmals Dinge auf, welche wir vorher nicht wahrgenommen haben. Neues im Bett auszuprobieren, hilft auch seine Neugierde wiederzuentdecken. Im besten Fall sind neue lustvolle Begegnungen dabei, an welche man denken kann, um sein Begehren wieder zu entfachen.
Bleibe auch neugierig auf dich selbst, deinen Körper und deinen (sexuellen) Empfindungen gegenüber. Es gibt auch bei einem selbst immer wieder etwas Neues zu entdecken. Wenn wir mit voller Wahrnehmung bei der Sexualität bleiben, können wir verschiedene Berührungsaspekte neu entdecken. Wie fühlt es sich an, leicht gestreichelt zu werden oder mit stärkerem Druck? Bei welchen Berührungen und bei welcher Intensität kommt bei dir ein Gefühl des „Mehr Wollens“ auf? Unsere Date Boxen geben Anleitungen und Inspiration, um Neues zu entdecken - Solo oder in der Beziehung!
Zusammenfassung: Schaffe einen sexpositiven Kontext, um deine Libido zu verbessern
Wie du merkst, spielen viele Faktoren eine Rolle, um deine Libido zu verbessern.
Um dein sexuelles Verlangen wieder zurückzuerobern, frage dich ehrlich, wie lustvoll deine Sexualität für dich ist und wie du deine Sexualität noch lustvoller gestalten könntest. Schaffe dir für dein sexuelles Verlangen einen sexpositiven Kontext, in welchem du auch wirklich die Gelegenheit hast, ins Spüren zu kommen. Bleibe neugierig auf dich und möglicherweise auch deinen*deine Partner*in.