5 Gründe, am Weltfrauentag für Frauenrechte zu kämpfen
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Am 8. März 2022 ist wieder Weltfrauentag und es wird nicht umsonst auch vom Frauenkampftag gesprochen. Wer jetzt denkt: “Ich habe eigentlich schon alle Rechte, die ich brauche. Was soll ich denn auf mein Plakat schreiben?”, der/ dem liefen wir gerne fünf gute Gründe, um doch noch auf die Straße zu gehen und für Frauenrechte zu demonstrieren. Dazu auch gerne gleich die passenden Parolen, um euch ein bisschen einzustimmen. Also packt eure bequemen Schuhe aus, bastelt ein Plakat und schmeißt euch in etwas lila farbiges, denn es wird für Frauenrechte demonstriert!
Warum gibt es den Weltfrauentag?
“Clara Zetkin wußt´es schon: ohne Kampf kein höh´rer Lohn!”
Dafür müssen wir einer ganz besonderen Frau danken und wenn wir am Weltfrauentag nichts anderes tun, dann wenigstens das. Denn es gibt doch wahrhaftig zu wenig weibliche historische Figuren, die bekannt sind und gebührend gefeiert werden! Es geht dabei um Clara Zetkin, eine Sozialistin, die sich vor allem für die Rechte von Arbeiterinnen einsetzte. Sie scheint eine dieser Personen gewesen zu sein, von denen man sich fragt, wann sie eigentlich geschlafen haben und beim Lesen derer Biographien man anfängt seinen eigenen Netflixkonsum zu überdenken. Ob Frauenwahlrecht, gerechte Löhne, Verbesserung von Arbeitsbedingungen, sie setzte sich für alles ein, was das Leben, vor allem von Frauen, verbessern sollte. Unter anderem eben für den Weltfrauentag, der 1911 das erste Mal stattfand.
Motto und Themen am Weltfrauentag
Die UN ruft jedes Jahr ein Motto für den Weltfrauentag aus, dieses Jahr ist es #breakthebias, wobei es darum geht inklusiver und vorurteilsfreier zu handeln. Das ist wichtig, denn wie wir sehen werden, ist der “Gender Bias” die angezogene Handbremse im Leben einer Frau.
Aber eigentlich wiederholen sich die Themen bei den Demos am Weltfrauentag leider Jahr für Jahr gebetsmühlenartig, weil es nur sehr laaaaangsam voran geht. Und Corona hat uns ein Schnippchen geschlagen und uns sogar noch zurückgeworfen, UN Women spricht nicht umsonst, über eine “Krise der Frauen”. Das World Economic Forum (WEF) berechnet jährlich in seinem “Gender Gap Report”, wie lange die Gleichstellung von Frauen in Wirtschaft und Politik noch dauern wird. Waren es 2020 “nur” 99,5 Jahre, muss nun eine weitere Generation von Frauen noch darauf warten, denn jetzt sind es 135,6 Jahre. Wenn uns der Klimawandel und/oder Corona oder eine andere Seuche nicht dahinraffen, haben unsere Kindeskinder ja eventuell ganz gute Karten.
5 Gründe, für die es sich lohnt am Weltfrauentag zu kämpfen
Wir haben 5 gute Gründe, um am Weltfrauentag am 8. März auf die Straße zu gehen und für Frauenrechte zu demonstrieren. Hier findest du die Gründe im Überblick:
1. Physische und sexualisierte Gewalt
2. Femizide
3. Sexuelle Selbstbestimmung
4. Gleichberechtigung am Arbeitsmarkt
5. Rollendenken und der Gender Bias
Klingt spannend und was, für das es sich lohnt auf die Straße zu gehen? Absolut! Das ist es auch. Lass uns direkt in die Details springen, die passenden Parolen gibt es direkt mit dazu!
1. Physische und sexualisierte Gewalt
Der passende Slogan, den ihr ins Megafon brüllen dürft:
“However I dress, wherever I go - Yes means Yes, No means No”
Einvernehmlichkeit scheint für viele immer noch sehr verwirrend zu sein und es sind überwiegend Frauen, die von sexualisierter Gewalt betroffen sind. Der Begriff Rape Culture beschreibt unsere Gesellschaft, in der diese sexualisierte Gewalt oft normalisiert und verharmlost wird.
In Deutschland wird jede dritte Frau mindestens einmal im Leben Opfer physischer oder sexualisierter Gewalt. Und es ist meist nicht der “böse Fremde”, sondern jemand aus dem eigenen sozialen Umfeld. Und das macht es so schwierig. Zum Beispiel, wird jede vierte Frau in Deutschland “mindestens einmal Opfer körperlicher oder sexualisierter Gewalt durch ihren aktuellen oder durch ihren früheren Partner”. Unsere Handtaschen gefüllt mit Pfeifen, Pfeffersprays oder der in die Faust geklemmte Schlüssel helfen uns also leider nur bedingt, genauso wie die ganzen Selbstverteidigungskurse, die wir absolvieren.
“Gewalt gegen Frauen* ist kein Einzelfall - Sexismus bekämpfen überall”
Immer neue Social Media Aktionen machen die (sexualisierte) Gewalt an Frauen sichtbar: #metoo, @everydaysexism, #textmewhenyougethome, oder #ichhabnichtangezeigt. Zuletzt gab es bei dem Mord an Sarah Everard und der dazugehörigen Mahnwache einen internationalen Aufschrei unter #reclaimthestreets, als Frauen nach dem Verschwinden von Sarah Everard dazu angehalten wurden zuhause zu bleiben, um sicher zu sein.
Diese Verankerung der Verantwortung bei den Frauen: “Zieh dich nicht aufreizend an, geh nicht alleine nach Hause” haben alle den Tenor von “Selber schuld”, wenn etwas passiert. Und wir sind dadurch massiv in unserer Bewegungsfreiheit eingeschränkt, sind uns dessen aber oft gar nicht bewusst.
- Welcher Mann plant zum Beispiel umständliche Routen nach Hause, um einsame oder schlecht beleuchtete Plätze zu vermeiden?
- Lässt sein Getränk keine Sekunde aus den Augen, damit niemand K.o.-Tropfen reinmischen kann?
- Oder wechselt die Straßenseite oder das Abteil, weil er sich unwohl fühlt?
Geben wir die Verantwortung dorthin zurück, wo sie hingehört, zu den Tätern und damit eben zu Männern allgemein. Denn Frauen widerfährt nicht einfach Gewalt, sondern sie wird von jemandem ausgeübt, fangen wir doch damit an.
2. Femizide
“Gegen Sexismus in jeder Gestalt - keine Toleranz der Männergewalt”
Femizide sind eine extreme Form von Gewalt an Frauen. Es ist der Mord von Frauen, weil sie eben Frauen sind. Dabei wird ein Besitzanspruch geltend gemacht. Wer das verwirrend findet und sich fragt, ob so etwas vorkommt, der/ die kennt bestimmt Zeitungsberichte, wo von “Beziehungsdramen” die Rede ist und der Partner oder Ex-Partner seine Partnerin getötet hat. Oft geschieht diese, wenn die Frau ihren Partner verlassen will oder hat. Zum Beispiel waren 2020, 119.164 Frauen von Partnerschaftsgewalt betroffen und für 139 endete dies tödlich. Jeden dritten Tag wird eine Frau in Deutschland von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet.
Das Problem wird noch verstärkt dadurch, dass diese Morde nicht als “Femizide” kategorisiert werden. Das fängt bei der Berichterstattung an und endet in der Kriminalstatistik. Aber wenn wir sie nicht als “Femizide” bezeichnen, sind sie unsichtbar und finden nicht die Beachtung, die er bräuchte, um etwas dagegen zu unternehmen.
3. Sexuelle Selbstbestimmung
“My body, my choice”
Die sexuelle Selbstbestimmung von Frauen war und ist sicher einer der wichtigsten Schritte. Dabei geht es, wie immer, um eine ganze Bandbreite an Themen: wie frei sind Frauen zu entscheiden mit wem sie Sex haben? Sie sollten nicht zu Sex verpflichtet werden, könnte man jetzt naiverweise in den Raum stellen. Aber hier zeigt ein Gerichtsurteil aus Frankreich, wie weit der Weg noch ist. Dort wurde eine Frau für die Scheidung von ihrem gewalttätigen Ehemann schuldig gesprochen, weil sie ihren “ehelichen Pflichten” nicht nachkam.
Aber dass Frauen nicht über ihren eigenen Körper entscheiden können, ist nichts Neues, dazu gehört eben auch noch immer der Schwangerschaftsabbruch, der immer wieder in Frage gestellt wird. Und die damit verbundene Familienplanung, also ob man Kinder bekommt, wann und wie viele. Man könnte ja davon ausgehen, dass Frauen oder Paare das selbst entscheiden können, aber das ist eben nicht immer so. Der Druck auf Frauen Kinder zu bekommen ist immer noch sehr hoch. Das wissen wir nicht erst seit dem Buch “Wenn Mutter sein nicht glücklich macht” von Christina Mundlos, die das Phänomen #regrettingmotherhood beleuchtet hat.
Zudem liegt auch bei Familienplanung und Schwangerschaft die Verantwortung meist bei der Frau. Zum Beispiel, was Verhütung betrifft und dies muss sie meist aus der eigenen Tasche zahlen, was sich längst nicht jede leisten kann. In anderen Ländern ist das Teil der allgemeinen Gesundheitsversorgung, ebenso wie der Schwangerschaftsabbruch und eben kein “privater Luxus”, den man oder eher frau für ihr Sexualleben zahlen muss.
4. Gleichberechtigung am Arbeitsmarkt
“Gerechter Lohn - für uns alle. Weg mit der Teilzeitfalle”
Am Arbeitsmarkt sieht es für Frauen auch nicht besonders rosig aus. Frauen verdienen im Schnitt weniger als Männer, der sogenannte “Gender Pay Gap” , sind häufiger in Teilzeit tätig oder geringfügig beschäftigt, weil sie andere Aufgaben in der Pflege von Kindern und Angehörigen übernehmen und sind auch deutlich seltener in Führungspositionen anzutreffen. Das alles führt dazu, dass Frauen im Alter vom “Gender Pension Gap” betroffen sind, also eine geringere Rente bekommen. Dadurch sind sie häufiger von Altersarmut betroffen. Wer hierzu mehr wissen möchte, gerne den Blog zum Equal Pay Day durchstöbern.
5. Rollendenken und der Gender Bias
“Das Mackertum könnt ihr euch schenken! Gegen jedes Rollendenken!”
Hier laufen viele Fäden der strukturellen Ungleichheit zusammen, weshalb das diesjährige Motto der UN durchaus sinnvoll gewählt ist. Denn es ist natürlich so, dass viele dieser Ungleichheiten auf unser Rollenverständnis zurückzuführen sind. Frauen und Männern werden dabei bestimmte Eigenschaften zugeschrieben und diesen wird dann ein Wert beigemessen, wobei es leider meist so ist, dass männliche Eigenschaften positiver bewertet werden als weibliche.
“Eure Kinder werden so wie wir - Eure Kinder werden alle queer!”
Das ist auf vielen Ebenen frustrierend: jede*r befindet sich in einem engen Korsett aus Erwartungen, die mit seinem/ ihrem Geschlecht verbunden sind, obwohl das oft gar nicht der eigenen Identität entspricht. Es macht es auch sehr schwer jenseits dieser binären Geschlechterordnung zu existieren, z.B. sich mit keinem der Geschlechter zu identifizieren und/ oder zwischen ihnen zu sein. Das haben wir bei den ermüdenden Debatten um das dritte Geschlecht, Toiletten und Gendergerechter Sprache zu genüge erlebt. Und durch dieses Rollenverständnis gibt es auch ein Machtgefälle: es gibt den “Mann”, der “dem Menschen” gleichgesetzt wird und damit zur Norm wird und das “andere Geschlecht”, wie Simone de Beauvoir es schon so wunderbar treffend formuliert hat.
Das führt zu Gender Biases, also zu geschlechtsbezogenen Verzerrungseffekten. Dabei spielen unsere Annahmen, Stereotype und Vorurteile bezogen auf das Geschlecht eine Rolle. Ein schöner Artikel dazu, wie sich das im Arbeitsleben auswirkt, gibt es hier und in der Forschung hier. Und wer sich die volle Dröhnung geben will, wie Frauen in einer Welt leben, die gar nicht für sie gemacht ist, dem empfehle ich wärmstens “Invisible Women “ oder zu Deutsch “Unsichtbare Frauen” von Caroline Criado-Perez. Dieses Buch kann ich gar nicht hoch genug loben, weil es so voll mit Informationen und so gut recherchiert ist, dass selbst ein*e Zweifler*in sofort bekehrt ist und sich einen “I am a feminist”-Button ansteckt.
“Was kotzt uns so richtig an? Einteilung in Frau und Mann”
Machtverhältnisse wirken sich aber eben auch auf Beziehungen aus, auf das Miteinander. Wenn Frauen eben keine ganzen Menschen sind oder einfach weniger, dann kann man eben ganz andere Dinge mit ihnen tun. Das zeigt sich bei sexuellen Übergriffen oder Femiziden genauso wie in der Gesetzgebung: die Änderung des Gesetzes, wonach Vergewaltigung in der Ehe strafbar ist wurde zum Beispiel erst Ende der 1990er geändert.
“Wenn frau will, steht alles still”
Bei der Gleichstellung der Geschlechter belegt Deutschland übrigens Platz 11 von 107. Island ist die Nummer 1, was auf einen sehr besonderen Tag den “Frauenruhetag” am 24. Oktober 1975 zurückzuführen ist. An diesem Tag, sind alle Frauen in den Streik getreten und haben ihre Arbeit (bezahlt und unbezahlt) niedergelegt. Demos können also durchaus erfolgreich sein. Der Frauenstreik findet mittlerweile auch in anderen Ländern statt, zum Beispiel bei unserer Nachbarin, der Schweiz und wird auch hierzulande von einigen Organisationen diskutiert. Was auch eine wunderbare Überleitung zu unserem nächsten Thema ist.
Zu guter Letzt: Internationale Frauenrechte
“Solidarität heißt Widerstand. Kampf dem Sexismus in jedem Land”
Am Weltfrauentag solidarisieren sich Frauen auf der ganzen Welt. Nötig ist das auf jeden Fall. Man blicke nur in die Türkei, die aus der Istanbul Konvention zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt an Frauen, ausgestiegen ist, nach Afghanistan, wo die Taliban keine Zeit verloren haben Frauenrechte massiv einzuschränken oder nach Texas, wo Frauen per Gesetzesänderung ein Schwangerschaftsabbruch quasi unmöglich gemacht wird.
Wer jetzt schon aufgeregt den 8. März rot in seinem Kalender markiert, dem/ der sei gesagt, dass der Weltfrauentag nur in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern zum Feiertag gewählt wurde. Das ist vielleicht ein weiterer Grund auf die Straße zu gehen. Aber eigentlich gibt es doch genug Gründe am Weltfrauentag eben etwas für Frauenrechte zu tun und nicht genügsam Rosen entgegenzunehmen oder ihn in einen Wellnesstag mit seinen Mädels umzufunktionieren. 136 Jahre für die Gleichberechtigung der Geschlechter sind eine verdammt lange Zeit und es ist an uns allen etwas dafür zu tun, dass es weniger werden, weil:
“Frauen, die kämpfen, sind Frauen, die leben - lasst uns das System aus den Angeln heben.”